Friedensstraße 56



Stresemannstraße 91, Plauen

Baujahr: 1914  |  Bauherr: Klara Piefky  |  Architekt: Friedrich Eisenwinter

Stresemannstr. 91, Fassadendetail

Die Fassade der Friedensstraße 56

Firmensignet der 1930er Jahre

Anzeige der Fa. Albert Schädlich, 1926

Fa. Höppner, Spannrahmen

Der fortschreitende Verfall, 2014



Die Entstehung der Friedenstraße 56 (Breitestraße, ab 1933 Adolf-Hitler-Straße) fiel in die Zeit, in der Deutschland in den 1. Weltkrieg verwickelt war. Errichtet wurde das Wohn-und Geschäftshaus mit rückwärtigem Anbau an Plauens damaliger Prachtstraße, wobei es als Zeugnis handwerklicher Baukunst und zugleich Ausdruck einer emporstrebenden Textilindustrie galt. Klara Piefky, Inhaberin der Stickerei- und Konfektionsfirma Piefky & Franke, Reichsstraße 16, gab den Bau 1914 in Auftrag. Die Ausstattung des Gebäudes war überdurchschnittlich hochwertig. Die unteren Geschosse nutzte man gewerblich. In den oberen Etagen, die über Wohnflächen von jeweils 350 qm verfügten, wohnte man herrschaftlich. Alle sieben Etagen waren über einen Aufzug der Chemnitzer Firma Louis Neubauer zu erreichen. Parkettfußböden, Linoleumbeläge, Stuckdecken mit Kehlen, hochwertige Tapeten und Kastenfenster mit Rollläden gehörten ebenso zur Ausstattung wie Gas- und Wasseranschluss sowie elektrische Beleuchtung. Waschtische mit fließendem Warm- und Kaltwasser in den Schlafzimmern, Küchen und Bädern waren Bestandteile der Inneneinrichtung. Außerdem verfügte das Gebäude über eine Zentralheizung für den gewerblichen Bereich und Etagenheizungen für die Wohnräume. Die Heizkörper waren mit Holzverkleidungen versehen. Als gestalterischer Höhepunkt galt der Hauseingang. Farbige Marmorverkleidung, Stuckverzierung an Decken und Wänden und eine in den Kassetten ausgeführte Jugendstilmalerei verliehen dem Eingangsbereich ein repräsentatives Gepräge. Die Straßenfassade war im Sockel- und Erdgeschoss mit bearbeiteten Sandsteinvorsatzelementen aufgewertet. Das Eingangsportal, das über ein Drillingsfenster zur Belichtung des Innenraumes beitrug, hatte außerdem eine Einfassung aus zwei kannelierten Rundsäulen mit Verdachung. Ab dem ersten OG traten zwei Erker hervor, die mittig mit Balkonen verbunden waren und im Dachbereich in einer großen Gaube endeten. Das mit einer Biberschwanzdoppeldeckung gewalmte Satteldach verfügte in der Firstmitte über einen olivförmigen Turmaufbau. Bis 1927 blieb das Haus im Besitz der Witwe Piefky. Die Gewerberäume wurden zur Herstellung von Stickereien genutzt. Im ersten OG hatte der Bezirksarzt Dr. Max Wengler seine Praxis. Die weiteren Etagen waren an Privatpersonen vermietet. 1927 erfolgte ein Besitzerwechsel, bei dem die aus Grünbach i.V. stammende Firma Albert Schädlich neuer Eigentümer wurde. Gemeinsam mit der Firma Georg Franke wurde die Gardinenproduktion aufgenommen. Das erste OG wurde an Leo Rosenthal, dem Geschäftsführer des Plauener Kaufhauses Hermann Tietz, vermietet. 1935 musste Rosenthal die Wohnung aufgeben, es erfolgt der Einzug der Reichsarbeitsdienstgruppe 164. Weiterhin bewohnte der Bergwerksdirektor der Sächs.-Böhmischen Zinnbergbau AG von 1922, Karl Schumann, das zweite OG. Im Jahre 1938 bezog die NSKK-Motor Standarte 36 (Nationalsozialistisches Kraftfahrtkorps) die Räumlichkeiten. Im Jahre 1952 kam das Gebäude in die Kommunale Verwaltung. Die Firma Albert Schädlich zog sich wieder nach Grünbach zurück und wurde nach Abschluss eines Konkursverfahrens 1964 aus dem Handelsregister gelöscht. Das Gebäude Friedensstraße 56, das nur geringe Kriegsschäden aufwies, war gerade in der Nachkriegszeit ein begehrtes Produktionsgebäude. Zahlreiche Firmen ließen sich zum Leidwesen der Bewohner in den Räumlichkeiten nieder und gingen ihren Geschäften nach. Von offizieller Seite kam die Aufforderung: „das Gebäude ist für Gewerbe freizuhalten und die noch vorhandenen Mieter mittels Wohnraumlenkung umzusiedeln”. 1970 erfolgte aufgrund verschlissener Bausubstanz der Abriss des Anbaus. Weitere bauliche Aktivitäten fanden in den folgenden Jahren nicht mehr statt. 1992 meldet die aus Ostseebad Binz stammende Firma Wunderwald & Co. GmbH Bedarf an, ein Fachhandelsgeschäft für Stickereien, Raumtextilien und Stilmöbel eröffnen zu dürfen. Der nach der Wende drastisch zunehmende Autoverkehr verschlechterte die Attraktivität des Standortes. Wassereintritt und Vandalismus verschärften die Standsicherheit des Gebäudes. 2015 erfolgte der Abbruch.